Berliner Zeitung 8.6.2009

Eine Stadt auf Sand gebaut

Am Hauptbahnhof entsteht die City of Future. Die Skulpturen können jederzeit wieder zusammenfallen - ein Reiz für die Künstler

von Daniela Fackelmann

Wenn eine knubbelige Mischung aus Hase und Maus über den Humboldthafen schaut und sich vieläugige Kreaturen an einer Bar amüsieren, ist keineswegs ein Ufo in Berlin gelandet. Es hat lediglich das 7. Internationale Sandskulpturenfestival Sandsation begonnen, das dieses Jahr unter dem Motto "City of Future" steht. Zwölf internationale Künstler, unter anderem aus Australien und der Mongolei, wetteifern um den Weltmeistertitel im Sandskulpturenbau. Und finden in den 2 350 Tonnen Sand, die extra aus dem brandenburgischen Niederlehme eingefahren wurden, beste Voraussetzungen. Neugierig schlendern gestern die ersten Besucher an den bis zu 4,50 Meter hohen Wettbewerbsskulpturen entlang. Vorbei an filigranen Tempelornamenten und streng geometrischen Zukunftsbauten. Da die Künstler noch bis zum Donnerstag an ihren Werken arbeiten, nutzen viele Besucher die Möglichkeit bei ihnen mehr über die Werke und das Modellieren zu erfahren.

Ulrich Baentsch ist einer der Künstler und der einzige aus Deutschland. "Man wird zu einer Art Performancekünstler," sagt er. Da der hauptberufliche Bildhauer im Winter viel allein in seinem Atelier arbeitet, genießt er den Kontakt mit dem Publikum und die konstruktive Kritik. Vor vier Jahren hat der Wahlberliner mit dem Modellieren von Sandskulpturen begonnen, obwohl er dem Material anfangs kritisch gegenüberstand.

Ein kleines Abenteuer

"Aber durch die spezielle Pressung des Sandes kann man ihn sehr gut plastisch bearbeiten," sagt Baentsch. Neben der Größe der Sandkunstwerke, fasziniert ihn auch ihre Unbeständigkeit. Seinen Wettbewerbsbeitrag hat Baentsch der berühmten Skulptur "Der Denker" des französischen Bildhauers Rodin nachempfunden. Die Figur soll das Nachdenken über die Architektur der Zukunft symbolisieren. "Die Zukunftsstadt wächst im Kopf," sagt er, "und durch seine Statur hat der Denker auch gleich die Fähigkeit zum Handeln." Er sieht diese Arbeit nicht nur als Kunst, sondern auch als kleines Abenteuer. "Man hat immer im Hinterkopf, dass es zusammenfallen könnte," sagt er und trägt mit einem Spachtel Schicht für Schicht die feinen Körnchen von seiner Figur ab.

Neben den 12 Wettbewerbsskulpturen sind auch eine mehr als 8,50 Meter hohe Gemeinschaftsskulptur und ein "Tierpark" zu sehen, die außer Konkurrenz zum Wettbewerb laufen. Am Donnerstag werden die Gewinner des Wettbewerbs bekanntgegeben, dann wird sich zeigen welche Zukunftsstadt die Jury sieht.

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Führungen, Workshops und Wettbewerb für Kinder

Sandsation: bis 30. August am Hauptbahnhof, (Ausgang Europaplatz) am nördlichen Teil des Humboldthafens. Eingang von der Invalidenstraße, gegenüber Museum Hamburger Bahnhof.

Öffnungszeiten: Sonntag bis Donnerstag 9-20 Uhr, Freitag bis Sonnabend 9-23 Uhr; letzter Einlass jeweils eine halbe Stunde vor Schließung.

Baustelle: Bis zum 11. Juni entstehen insgesamt 18 Skulpturen aus Sand, die höchste von ihnen misst 8,50 Meter.

Eintrittspreise: Erwachsene ab 17 Jahren 6 Euro, ermäßigt 5, Early Bird (Frühticket) für Erwachsene (9-10 Uhr) 3 Euro; Kinder (3-6 Jahre) 1 Euro, Kinder (7-16 Jahre) 3 Euro, Familienticket (maximal 2 Erwachsene und 4 Kinder) 15 Euro. Gruppenermäßigungen (ab 10 Personen), 5 Euro pro Person.

Workshops: Sonnabends und sonntags zwischen 14 und 18 Uhr findet ab dem 13. Juni Unterricht im Carving statt. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht, die Teilnahme ist kostenlos.

Führungen: Jeweils sonntags finden kostenlose Führungen über das Areal statt, informiert wird sowohl über die Skulpturen als auch über ihre Entstehungsgeschichte.